Berichte von Trainerinnen
Gute-Praxis-Beispiele aus Kleinunternehmen,
die am deutschen Pilotprojekt teilgenommen haben
[von Traute Winzker, Trainerin und Soufflearning-Expertin]
In zwei Filialen des Bonner Unternehmens Bergfeld’s Naturkost GmbH fanden mehrere Soufflearning-Trainings statt.
Über 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden in den Bereichen Kundenorientierung und Verkauf geschult. Die Teilnehmenden wurden dazu im täglichen Arbeitsalltag begleitet und erhielten Feedback zu ganz konkreten Kundensituationen. Spezifische Themen wie z.B. „Werbewirksame Sprache im Verkauf“ und „Sicherer Umgang mit Kundenbeschwerden“ wurden in 2- bis 3-stündigen Workshops aufgearbeitet und vertieft.
Für die „Alte Apotheke“ und die „Kurpark-Apotheke“
in Bonn-Bad Godesberg sowie für die „Alte Apotheke in Mehlem“ nahmen mehr als 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Soufflearning-Trainings teil.
Dabei wurden sie in den Bereichen Kundenumgang und Teamkooperation am Arbeitsplatz begleitet. In zweistündigen Kurzworkshops trainierten die Teilnehmenden u.a. die erfolgreiche Ansprache auf Serviceleistungen der Apotheken (z.B. Kundenkarte), lernten ihre Beratungsgespräche zu optimieren und wie sie den Kundinnen und Kunden ihrer Apotheken täglich das Gefühl von „Unsere Kunden sind unsere Gäste!“ vermitteln.
In den genannten Unternehmen wurden leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zudem in Fragen der Mitarbeiterführung begleitet und geschult. Dabei ging es auch um die Frage, wie sie die Lernerfolge ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig sichern und die Methodik der unterstützenden Arbeitsbegleitung mit in ihre Führungspraxis integrieren können.
Soufflearning-Erfahrungen von Trainerinnen aus Italien und Frankreich
(1)
Interview mit Sonia Cesario, Trainerin,
Expertin für Soufflearning bei Euroform RFS
[?]: Sehr geehrte Frau Cesario, Sie zählen zum ExpertInnenpool für die Trainingsmethode Soufflearning und wir möchten gern von Ihnen wissen, was Sie über diese neue Erfahrung denken.
Also, meine erste Frage an Sie lautet deshalb:
Was ist Ihre persönliche Affinität zum Lernen und Training am Arbeitsplatz?
Warum hat Sie diese Methode interessiert?
Sonia Cesario [SC]: Mein persönlicher Zugang zum arbeitsplatzbezogenen Training ist geprägt von Empathie, Kommunikation und Kompetenz, wodurch sich ein recht entspanntes Klima in den Gesprächen mit den Beschäftigten entwickelt hat. Das steigerte auch die Selbstmotivation der Mitarbeiter, so dass sie sich wirklich „einbezogen“ und „unterstützt“ fühlten, genau von dem Moment an, glaube ich, als sie ihre Leistungsfähigkeit und ihr Können tatsächlich verbessern wollten. In solchen Situationen resultiert einfach ein guter Lernerfolg mit unmittelbarer Wirkung auf die Arbeitsprozesse im Unternehmen.
Die Soufflearningmethode hat mein Interesse an dem Punkt getroffen als sie sich klar unterscheidet vom klassischen Trainingsformat, mit dem ich mich auch beschäftige, wo der oder die Beschäftigte an externen Seminaren außerhalb des Betriebs teilnimmt.
Interessant finde ich sowohl die Beobachtung im Feld als auch das Feedbackgespräch, dass Selbstlernsequenzen am Arbeitsplatz vorgesehen sind, dass direkt scharf gestellt wird auf die spezifischen Bedarfe und Charakteristika des Unternehmens und der Beschäftigten und dass die erworbenen Fähigkeiten sofort zu Anwendung in der täglichen Arbeit kommen.
[?]: Und welche Elemente des Soufflearning
waren für Sie nun wirklich neu?
[SC]: Es gab zwei Elemente, die mir völlig neu waren:
Zunächst die Beobachtung im „Feld“, also direkt am Arbeitsplatz. Die hat es mir zum Beispiel erlaubt, wahrzunehmen und einzuschätzen, wie sich der Mitarbeiter in Beziehung setzt zu verschiedenen Kunden, wieweit er in der Lage ist, sich schwierigen Situationen zu stellen, wie er im Team kooperiert. Und dann die Mitarbeiter zu qualifizieren, während sie ihren tagtäglichen Tätigkeiten nachgehen.
Zweitens das Dialoggespräch, das sofort nach der Begleitung mit dem Mitarbeiter geführt wird, mit Augenmerk darauf, dass er unmittelbar ein persönliches Feedback erhält zu seinen Kompetenzen und zu Ansatzpunkten für Verbesserungen.
[?]: Gelang es Ihnen gut, die erforderliche Flexibilität im Training umzusetzen?
[SC]: Ja, es fiel mir leicht, die Anforderung an nötiger Flexibilität praktisch in den Trainingsprozess umzusetzen. Besonders die Arbeitgeber würdigten das, weil ich die unternehmerischen Belange, die Arbeitsabläufe, eventuelle Krankheits- und Urlaubstage berücksichtigte.
[?]: Wie haben Sie denn das Vertrauen des Arbeitgebers gewonnen?
Hat er/sie sich als Unterstützer/in der Trainingsaktivitäten gezeigt?
[SC]: Das Vertrauen der Arbeitgeber erlangte ich durch Empathie, viel Kommunikation und die im Laufe der Zeit erworbenen Kompetenzen. In allen Begegnungen mit dem Arbeitgeber, von Beginn an, entwickelte sich so ein entspanntes Klima der Zusammenarbeit.
Der Arbeitgeber zeigte schon sofort eine positive Einstellung zum Trainingskonzept, vor allem weil diese Methode es erlaubt, das Inhouse-Training an die realen Bedarfe des Unternehmens anzupassen. Am Ende der Trainingssequenz hat der Arbeitgeber außerdem seine Zufriedenheit offen geäußert – hinsichtlich der Methode und der ganzen Abwicklung des Trainings, weil schon in kurzer Zeit die erreichten Ergebnisse messbar das Image des Unternehmens, das Verhalten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie die Kundenzufriedenheit verbessert haben.
[?]: Haben die Angestellten greifbare Trainingserfolge erzielt? Konnten sie ihre Kompetenzen durch das Training und Feedback schrittweise verbessern oder haben die Teilnehmenden die Tendenz gezeigt, in ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
[SC]: Während der Trainingsessions am Arbeitsplatz und in den Selbstlernphasen haben die Angestellten gelernt, sich selbst zu reflektieren und sich auf bestimmte Aspekte ihrer Arbeit zu konzentrieren, um ihre eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen zu verbessern und somit professioneller zu werden.
Die Mitarbeiter hatten die Möglichkeit, Verhaltensweisen und manchmal nicht besonders professionelle Einstellungen zu berichtigen, die sie in ihren Handlungen einnahmen ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie haben die Kolloquiumsphase besonders nützlich empfunden, das Feedback mit den Vorschlägen und den von mir formulierten Arbeitsschritten, weil häufig das Problem nicht war, den Kunstfehler zu erkennen und zu verstehen, sondern die Lösung zu identifizieren.
Ein Mitarbeiter bejahte, durchaus Fortschritte in vielen problematischen Situationen durch den Trainingseffekt gemacht zu haben, aber bisweilen ertappte er sich dabei, einige der vorherigen Fehler wieder zu begehen.
[?]: Vielen Dank, Frau Cesario, für dieses Gespräch!
[SC]: Bitte, gern geschehen!
(2) Interview mit Katia Bruno, Trainerin,
Expertin für Soufflearning bei Euroform RFS
[?]: Sehr geehrte Frau Bruno, auch Sie zählen zum ExpertInnenpool für die Trainingsmethode Soufflearning und wir möchten gern von Ihnen wissen, was Sie über diese neue Erfahrung denken. Meine ersten beiden Fragen wären, bitte:
Was ist Ihre persönliche Affinität zum Lernen und Training am Arbeitsplatz?
Warum hat Sie diese Methode interessiert?
Katia Bruno [KB]: Nun ja, es ist der Einsatz einer aufrichtigen und empathischen Beziehung zu dem Mitarbeiter. Sich dem Mitarbeiter nähern durch einen forschenden Zugang – autographisch, erfahrungsgeleitet und kooperativ.
Mein Interesse wurde insbesondere durch den innovativen und experimentalen Charakter der Methode geweckt. Ich bin sehr daran interessiert, neue Trainingsmethoden anzuwenden und letztlich an dem Ergebnispotenzial, das mir Soufflearning im Vergleich zum klassischen Training bietet.
[?]: Und welche Elemente des Soufflearning waren für Sie wirklich neu?
[KB]: Mmh, das Berichten im Feedbackgespräch, eins zu eins zwischen Trainer und Mitarbeiter. Dann die Möglichkeiten seitens des Trainers verschiedene Strategien anzupassen, das Szenario zu wechseln in Ausrichtung auf die Ziele, den Trainingsprozess auf Grundlage des Feedbacks des Mitarbeiters umzugestalten. Und schließlich bekommt auch der Arbeitgeber die Gelegenheit, den Prozessweg zu beobachten und die Zielerreichung zu verfolgen.
[?]: Gelang es Ihnen gut, die erforderliche Flexibilität im Trainingsprozess umzusetzen?
[KB]: Ja, insofern war es notwendig, den Trainingsprozess an die dringenden Bedarfe während des Trainings und im betrieblichen Kontext anzupassen.
[?]: Wie haben Sie denn das Vertrauen des Arbeitgebers gewonnen?
[KB]: Das volle Vertrauen des Arbeitgebers eroberte ich mit dem Beweis meiner Professionalität und mit dem Erreichen erster Ergebnisse.
[?]: Hat er/sie sich als Unterstützer/in der Trainingsaktivitäten gezeigt?
[KB]: In meinem Fall hat sich der Arbeitgeber am Informationsseminar beteiligt und willentlich seine Zustimmung bekräftigt.
[?]: Haben die Angestellten greifbare Trainingserfolge erzielt? Konnten sie ihre Kompetenzen durch das Training und Feedback schrittweise verbessern oder haben die Teilnehmenden die Tendenz gezeigt, in ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
[KB]: Mit der Einführung des Trainingsprozesses wurden stufenweise greifbare Ergebnisse registriert, zumal in der Diskussion und Bewertung – sei es mit dem Arbeitgeber oder genauso mit dem Mitarbeiter.
Es gelang mir, bei den Mitarbeitern Selbstbewertungsprozesse und eine Selbstreflexion zu aktivieren, die sie dazu gebracht hat, ihre eigene Haltung während der Trainingsperiode zu verändern. Meiner Meinung nach muss der Prozess mittel- bis langfristig einen nachfolgenden Teil vorsehen, um am Ende eine Nachprüfung zu Effizienz und Einfluss der Methode zu erhalten und um zu erfassen, ob der Mitarbeiter mit Abschluss des Trainings in alte Gewohnheiten zurückgekehrt ist oder nicht.
[?]: Frau Bruno, ich danke Ihnen für dieses Interview!
[KB]: Bitte, es war mir ein Vergnügen!
[Thomas von der Fecht, netz NRW e.V. stellte die Fragen]
(3) Interview mit Blandine Turpin ,
Trainerin und Soufflearning-Expertin bei Greta Est Bretagne
[?]: Sie haben am Train-the-Trainer-Seminar und an der Erprobung der Soufflearning-Methode in Frankreich teilgenommen.
Bitte, sagen Sie zuerst ein paar Worte über sich selbst?
Blandine Turpin [BT]: Ich bin Blandine Turpin.
Ich bin Unternehmensberaterin und Trainerin für Kommunikation, Management und Vertrieb. Und in der Tat erklärte ich mich dazu bereit, an diesem Experiment der Soufflearning-Methode für die Adexium Gesellschaft teilzunehmen.
[?]: Können Sie uns etwas über das Training im Unternehmen Adexium erzählen?
[BT]: Na klar. Es dauerte etwas mehr als zwei Monate.
Anfangs war das Ziel, die Qualität des Telefonservices im Unternehmen zu verbessern, was quasi sein Kerngeschäft ist und daher waren die beiden Trainees während dieser Erprobung zugleich Supervisoren. Es gab nämlich Veränderungen in ihrer Arbeit, die eine Begleitung dieser neuen Aufgaben erforderlich machten.
Wir stellten deshalb auf die Verbesserung der Telefonservice-Prozesse ab und wie es gelingen kann, dieses Training den Operatoren zu vermitteln, damit die Supervisoren die richtige Haltung zu ihren Kollegen und Kolleginnen finden.
[?]: Was denken Sie über die Soufflearning-Methode und ihre Vorteile?
[BT]: Der erste Vorteil ist, dass das Training in der Firma stattfindet, so ist es angepasst an das tägliche „Handwerkszeug“ der Mitarbeiter; es passt außerdem in ihren Zeitplan und zu ihren Anwendungen, also ist es maßgeschneidert auf allen Ebenen!
Es ist wirklich ein echtes und einfaches Einzeltraining.
Wenn wir traditionelle Weiterbildung – innerbetrieblich oder überbetrieblich – organisieren, kommen wir gewöhnlich mit unseren vorbereiteten Trainingsinhalten, während es hier genau umgekehrt ist: Wir werden zuerst beobachten und danach die Inhalte anpassen.
Das erfordert Anpassungsfähigkeit, aber aus Trainersicht ist es wirklich das, was am meisten interessiert.
[?]: Danke für diesen Rückblick und Ihre Erprobung von Soufflearning!
[BT]: Gerne, ich danke Ihnen.
[Bertrand Boudey, GIP-FAR stellte die Fragen]